#6 Die ganze Welt im Kopf: Psychologie und Gestalttheorie

Shownotes

In dieser Folge richten wir den Blick nach Innen: Auf die eigene Wahrnehmung. Das verrückte ist, dass wir sozusagen blind sind gegenüber der Tatsache, dass wir die Welt in unserem Inneren erschaffen. Darum geht’s in dieser Folge: Um die Psychologie der Wahrnehmung und Gestalttheorie. Nach einem schnellen Rundumschlag über Daniel Kahneman und C.G. Jung kommen wir zur Gestalttheorie und die Gestaltgesetze – der Algorithmus, nach dem unsere Wahrnehmung funktioniert.

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# 6 Die ganze Welt im Kopf: Psychologie und Gestalttheorie

# 6 Die ganze Welt im Kopf: 17.695 Zeichen

Erinnerst du dich an diese Metapher mit dem Optikerladen? Dass diese Vorlesung eigentlich vergleichbar ist mit einem Brillenladen, in dem wir unterschiedliche Brillen anprobieren und dabei jedesmal unseren Blick auf die Welt verändern. Eine Brille, die erste, das war die mit dieser Geschichte mit dem Kaninchen mit der leuchtend blauen „8“ auf dem Rücken, weißt du noch? Damals hab ich dir erzählt, dass es immer zwei Seiten gibt: die sichtbare und die unsichtbare. Dass sich hinter jedem Ding auf dieser Welt eine übergeordnete, unsichtbare Ebene verbirgt: die Idee. Die Bedeutung. Dann haben wir dies sogar noch erweitert und die semiotische Brille aufgesetzt, die uns das semiotische Dreieck offenbart hat: dass es neben der sichtbaren und der unsichtbaren sogar noch eine dritte ebene gibt: die der sichtbaren Zeichen – die zufällig auch noch genau unser Kerngebiet ist. Dann, du erinnerst dich, hatten wir eine Zeit lang eine Brille auf, die die Zeit sichtbar gemacht hat; mit ihr haben wir angeschaut, welche Gesichter das „Neue“ haben kann, besonders in Umbruchzeiten; und eine ganz besondere Umbruchszeit haben wir uns dabei angeschaut: der Bruch der Moderne und des Funktionalismus – fortan wirst du diesen Bruch in allem erkennen, in allen Dingen und Alltagsgegenständen, die dich umgeben. In der letzten Folge dann haben wir uns dem unsichtbaren Netz zugewandt, das uns alle auf diesem Planeten verbindet; und uns angeschaut, wie Botschaften in Netzwerken wandern. Und heute setzen wir uns wieder eine neue Brille auf. Diese Brille soll etwas sichtbar machen, für das wir natürlicherweise blind sind: unsere eigene Wahrnehmung. Diese ist uns so vertraut, dass wir sie nicht sehen; genauso wenig wie der Fisch das Wasser sieht in dem er schwimmt. Mit dieser Brille schauen wir in uns selbst hinein, in die Art und Weise, wie unser Gehirn und unsere spezifische, menschliche Wahrnehmung funktioniert. Nicht ganz unwichtig für Gestalterinnen und Gestalter – dass wir wissen, welches „Betriebssystem“ das von uns gestaltete Objekt verarbeitet.

Erinnerst du dich an diese Metapher mit dem Optikerladen? Dass diese Vorlesung eigentlich vergleichbar ist mit einem Brillenladen, in dem wir unterschiedliche Brillen anprobieren und dabei jedesmal unseren Blick auf die Welt verändern. Eine Brille, die erste, das war die mit dieser Geschichte mit dem Kaninchen mit der leuchtend blauen „8“ auf dem Rücken, weißt du noch? Damals hab ich dir erzählt, dass es immer zwei Seiten gibt: 6.1. Schnelles Denken, langsames Denken

Der erste wirklich abgefahrene Gedanke, das musst du dir wirklich mal vor Augen führen, ist folgender: Die Realität da draußen existiert eigentlich gar nicht. Wir erschaffen unsere gesamte Realität in unserem Kopf. Die ganze Zeit. Monika Heimann und Michael Schütz schreiben in ihrem Buch „Wie Design wirkt – Psychologische Prinzipien erfolgreicher Gestaltung“, aus dem ich später noch häufiger zitieren werde: „Wahrnehmung ist (…) ein komplexer und aktiver Vorgang, bei dem wir ‚in uns‘ eine Welt erzeugen, die uns nur als sichtbare Wirklichkeit ‚da draußen‘ erscheint.“ Und weiter: „Die Regeln, nach denen diese innere Schaffung der Welt abläuft, sind vollständig in uns angelegt.“

Das ist verrückt, und die meiste Zeit vergessen wir das – wir sind sozusagen blind gegenüber der Tatsache, dass wir die Welt in unserem Inneren erschaffen. Darüber, dass wir unsere eigene Wahrnehmung als absolut sehen, sagt der berühmte israelisch-US-amerikanische Psychologe Daniel Kahneman: „Wir sind gegenüber dem Offensichtlichen blind, und wir sind darüber hinaus blind für unsere Blindheit“. Dies ist einer der Denkfehler, die wir begehen: Wir sind davon überzeugt, dass unsere eigene Wahrnehmung die einzig richtige ist! Das ist auch genau das, mit dem sich Kahneman in seiner Forschung beschäftigt hat – Fehler und Verzerrungen, die wir beim Denken machen – 2002 erhielt er dafür den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Kahneman beschäftigte sich in seiner Forschung genau mit den Vorgängen unserer Wahrnehmungs- und Denkmaschine im Kopf. Seinen Überlegungen liegt die Annahme zu Grunde, dass unsere Wahrnehmung aus zwei unterschiedlichen kognitiven Betriebssystemen besteht: System 1 und System 2.

In seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ beschreibt er System 1 als das schnelle Denken, mit dem wir in unserem Alltag Hunderter vieler Entscheidungen treffen, und das ohne bewusste oder willentliche Steuerung. Z.B. ob wir jemanden sympathisch finden, ob uns etwas bekannt vorkommt, oder ob es besser ist zu gehen oder zu bleiben. System 2 ist das langsame Denken, das rationale und abstrakte Denkvorgänge durchführt und das wir nur allzu gern vermeiden zu verwenden, weil es anstrengend ist. Das kannst du sofort am eigenen Leib erfahren, wenn du mal über folgende Frage nachdenkst: Wieviel ist 17 x 24? Rechne mal… Merkst du’s? Wie sich die langsame Denkmühle in deinem Inneren sträubt?

In seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ beschreibt er System 1 als das schnelle Denken, mit dem wir in unserem Alltag Hunderter vieler Entscheidungen treffen, und das ohne bewusste oder willentliche Steuerung. Z.B. ob wir jemanden sympathisch finden, ob uns etwas bekannt vorkommt, oder ob es besser ist zu gehen oder zu bleiben. System 2 ist das langsame Denken, das rationale und abstrakte Denkvorgänge durchführt und das wir nur allzu gern vermeiden zu verwenden, weil es anstrengend ist. Das kannst du sofort am eigenen Leib erfahren, wenn du mal über folgende Frage nachdenkst: In unserer Kultur herrscht ja die Annahme vor, wir seien rationale und vernunftbegabte Wesen. Und auch Kahneman sagt, System 2, das rationale, langsame Denken, gebe sich der Illusion hin, es sei der Bestimmer – dabei ist es in Wirklichkeit genau anders herum. System 1 trifft die Entscheidungen, und System 2 folgt, unter dem Vorwand aller möglicher Argumente und Begründungen – Post-Rationalisierung nennt man das. Wir tauchen jetzt nicht tiefer ein in die Arbeit Kahnemans, die sich vor allem mit den Fehlern befasst, die System 1 beim schnellen Denken macht – Verzerrungen, im Englischen „Biases“. Uns interessiert diese „Assoziationsmaschine“ in unserem Kopf, das schnelle Denken, das über Bilder und Eindrücke funktioniert, kurz, die Wahrnehmung. Die Hauptaufgabe von System 1 ist es eben, uns permanent ein kohärentes Bild der Welt zu erschaffen – eine möglichst gute und schlüssige Story sozusagen. Wir betrachten hier heute die Regeln, nach denen diese innere Schaffung der Realität abläuft. Und vielleicht lernst du dabei ja auch noch etwas über dein eigenes Denken. In dieser Folge beschäftigen wir uns also mit Psychologie der Wahrnehmung und Gestalttheorie.

In seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ beschreibt er System 1 als das schnelle Denken, mit dem wir in unserem Alltag Hunderter vieler Entscheidungen treffen, und das ohne bewusste oder willentliche Steuerung. Z.B. ob wir jemanden sympathisch finden, ob uns etwas bekannt vorkommt, oder ob es besser ist zu gehen oder zu bleiben. System 2 ist das langsame Denken, das rationale und abstrakte Denkvorgänge durchführt und das wir nur allzu gern vermeiden zu verwenden, weil es anstrengend ist. Das kannst du sofort am eigenen Leib erfahren, wenn du mal über folgende Frage nachdenkst: 6.2. Analytische Psychologie

Eine Schule, die wir ganz am Anfang schon kurz gestreift haben, ist die analytische Psychologie. Sie geht auf den Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875 – 1961) zurück – besser bekannt als C.G. Jung. Du erinnerst dich vielleicht an das „Buch der Symbole“, das ich im Zusammenhang mit uralten Symbolen wie der Schlange, dem angebissenen Apfel oder dem grünen Kreuz erwähnt hatte. Dieses bildgewaltige Kompendium stützt sich auf C.G. Jungs Werk über Archetypen und das kollektive Unterbewusste. Für Designerinnen ist diese Anbindung an alte Kultursymbole und Zeichen so wichtig, denn so funktioniert die Assoziationsmaschine in unserem Kopf: Sie besteht aus eigenen Erinnerungen und Erfahrungen, aber es gibt eben auch eine Art uraltes Bildergedächtnis der Menschheit – und mit den Symbolen und Formen die wir in unserer gestalterischen Arbeit wählen, schaffen wir eine Verbindung zu diesem gewaltigen Bilderspeicher. Über C.G. Jung gibt es übrigens noch ein paar mehr sehr interessante Anekdoten – er ist eine der Gestalten, die mir beim Lesen immer wieder über den Weg laufen!

Eine Schule, die wir ganz am Anfang schon kurz gestreift haben, ist die analytische Psychologie. Sie geht auf den Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875 – 1961) zurück – besser bekannt als C.G. Jung. Du erinnerst dich vielleicht an das „Buch der Symbole“, das ich im Zusammenhang mit uralten Symbolen wie der Schlange, dem angebissenen Apfel oder dem grünen Kreuz erwähnt hatte. Dieses bildgewaltige Kompendium stützt sich auf C.G. Jungs Werk über Archetypen und das kollektive Unterbewusste. Für Designerinnen ist diese Anbindung an alte Kultursymbole und Zeichen so wichtig, denn so funktioniert die Assoziationsmaschine in unserem Kopf: Ein Konzept, mit dem er sich in den 1950er Jahren beschäftigt hat und das ich eine Zeitlang sehr faszinierend fand, ist das der „Synchronizität“ – wenn inneres und äußeres Erleben sich zufällig überkreuzen, ohne dass es einen Kausalzusammenhang gibt, aber dieses Überkreuzen als sinnhafter Zusammenhang erlebt wird. Du kennst das vielleicht, wenn du an jemanden denkst und genau in diesem Moment ruft die Person an (meine Mutter und ich machen oft Witze darüber, weil uns das regelmäßig passiert). Ein berühmtes Beispiel was C.G. Jung beschreibt, ist, dass eine Patientin während einer Sitzung von einem Traum berichtet, in dem ein goldener Skarabäus vorkommt, als im gleichen Moment ein riesiger, grün schillernder Rosenkäfer mehrmals von Außen an das Fenster des Behandlungsraums stößt und, nachdem Jung das Fenster öffnet, hineinfliegt. Zum einen scheinen symbolhafte Archetypen alle Nas lang bei C.G. Jungs vorbeigekommen zu sein. Zum anderen hatte C.G. Jung sogar versucht, aus der Synchronizität eine neue Wissenschaft zu begründen, daraus ist aber nichts geworden. Irgendwie abgefahren, findest du nicht? Seither sammle ich synchronistische Ereignisse sozusagen als Hobby.

Eine andere Anekdote: C.G. Jung baut sich im Laufe der Jahre einen Turm, den „Bollinger Turm“, wohin er sich an Wochenenden und in den Ferien zurückzieht, um sich von seinem mit Patientensitzungen vollgestopften Alltag zu erholen. Nur dort schreibt er seine Bücher. Er sagt selbst, dass Bollingen sein echtes Leben sei, dass er nur da er selbst sein kann. Dort führt er ein Leben in Einfachheit, ohne Elektrizität, mit Öllampen; Wasser pumpt er aus dem Brunnen und schlägt abends das Feuerholz, das er zum Heizen braucht. „Diese einfachen Tätigkeiten machen auch den Menschen einfach. Denn wie schwierig ist es, einfach zu sein!“, sinniert C. G. Jung. Zugegebenermaßen gibt es jetzt keinen direkten Zusammenhang zur Designtheorie, außer mein Appell an das Lesen! Wann immer Euch eine Persönlichkeit über den Weg läuft, die Euch fasziniert, verfolgt ihre Spur durch die Bücher – alles, was sie selbst geschrieben hat oder über sie geschrieben wurde. Auch das macht eine tiefe Gestaltungspersönlichkeit aus Euch – tiefes Wissen, auch aus angrenzenden Bereichen, inspirierende Vorbilder – oder auch einfach nur ein paar gute Anekdoten.

Eine andere Anekdote: 6.3. Gestalttheorie oder Gestaltpsychologie

Die wissenschaftliche Disziplin, die sich genau mit diesen Regeln und Gesetzen beschäftigt, nach denen unsere Wahrnehmung ein Bild der Welt in unserem Kopf entwirft, nennt sich Gestalttheorie oder Gestaltpsychologie. Sie wurde vor etwa einhundert Jahren, also in den 1910er bzw. 20er Jahren, von Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka begründet – du erinnerst dich, eine wilde Zeit, in der mit Bauhaus, Funktionalismus, Massenproduktion und Massenmedien viel Neues entstand! Einer ihrer späteren Vertreter, Wolfgang Metzger, beschreibt dies so: „Ausnahmslos alles muss demnach beim Wahrnehmen in uns neu entstehen und kann das nur, weil die Möglichkeit dazu schon im Voraus in uns angelegt ist“. Und auch die modernen Neurowissenschaften (eine der gehypten Wissenschaften unserer Zeit) zeichnen ein ähnliches Bild. Der Neurowissenschaftler Gerhard Roth (auch dies Zitat aus dem Buch „Wie Design wirkt – Psychologische Prinzipien erfolgreicher Gestaltung“): „Als Neurobiologen gehen wir davon aus, dass unsere Erlebniswelt – also unsere Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle, Vorstellungen und Erinnerungen – ein ‚Konstrukt‘ unseres Gehirns sind.“

Eine Grundannahme der Gestalttheorie ist, dass das Bild, das unser Gehirn über die vom Auge empfangenen Daten von der Welt entwirft, eben nicht Punkt für Punkt das Pixelbild einer Kamera aufbaut. Sondern dass wir viel mehr zusammenhängende Gebilde (Gestalten) erkennen. Erinnert ein wenig an Kahnemans „System 1“, oder? Dass unser Gehirn eben versucht, in allem einen Sinn zu erkennen. Das kennst du sicher sehr gut, wenn du in die Wolken oder ins Feuer starrst – du wirst immer Gestalten darin erkennen: Gesichter, Figuren oder Tiere. Oder unsere menschliche Eigenart, in allem immer Gesichter zu erkennen: in Schraubenschlüsseln, Autos oder Hydranten. Dieses Phänomen nennen die Gestaltpsychologen das „Strukturgerüst“. Der eben bereits erwähnte Max Wertheimer beschrieb dies bei einem Vortrag 1924 so: „Es gibt Zusammenhänge, bei denen nicht, was im Ganzen geschieht, sich daraus herleitet, wie die einzelnen Stücke sind und sich zusammensetzen, sondern umgekehrt, wo – im prägnanten Fall – sich das, was an einem Teil dieses Ganzen geschieht, bestimmt von inneren Strukturgesetzen dieses seines Ganzen.“ Boa, kann man es eigentlich noch komplizierter sagen? Ich merk richtig, wie mein System 2 sich gerade mühsam in die Gänge setzt das zu verstehen. Ich versuch’s mal einfacher: Nicht die Summe aller Teile führt zu einer Gestalt in deinem Kopf, sondern genau anders herum: Das Gehirn erkennt die Summe, das Ganze, zuerst – blitzschnell. Da haben wir’s wieder: System 1. In „Wie Design wirkt“ heißt es dazu: „Gestalten stehen damit nicht nur für das konkrete wahrgenommene Ding, sondern immer auch für einen ganzen Ding-Typ.“ Wir erkennen beispielsweise ein Quadrat, selbst wenn wir es perspektivisch verzerrt als ein Trapez wahrnehmen – weil wir den „Ding-Typ“ des Quadrats wahrnehmen. Diese Gestalten, die wir erkennen, stehen immer für einen Ding-Typ– deshalb nennt man sie auch „Wahrnehmungsbegriffe“. Im Buch heißt es dazu:

„Denken erfolgt in Wahrnehmungsbegriffen. Auf den ersten Blick erscheint es vielleicht so, als sei Denken, vor allem das logische Denken, nur in Worten möglich. Tatsächlich aber erfolgt das Denken immer mithilfe von Vorstellungsbildern. Wenn man das Wort „Ohr“ sagt, hat man den Wahrnehmungsbegriff „Ohr“ vor seinem inneren Auge: kein konkretes, kein bestimmtes Ohr, sondern Ohrhaftes, die Gestalt des Ohres.“

und weiter:

„Wahrnehmen geht nicht ohne Denken. Aber nicht nur das Denken ist immer anschaulich. Das gleiche gilt auch umgekehrt. Das Sehen selbst ist auch immer bereits ein anschauliches Denken (engl.: Visual Thinking). Wie wir gesehen haben, ist die Wahrnehmung ein aktiver Prozess. Das wahrgenommene Bild muss im Betrachter erst neu entstehen, und dies geschieht nicht durch ein Zusammenkleben von Einzelreizen, sondern indem wir willkürlich Wahrnehmungsbegriffe (Gestalten) ‚anwenden‘ und mit ihrer Hilfe auf Anhieb in den Dingen das Wesentliche – ihr Strukturgerüst – begreifen.“

Und noch eins obendrauf:

„Gestalten ist anschauliches Denken. Und auch, wenn der Designer / die Designerin (…) probeweise verschiedene Entwürfe erstellt, dann ist dies aus psychologischer Sicht ein Denken mit den Händen, mit dem Zeichenstift oder der Computermaus: Kreatives Gestalten ist anschauliches Denken ohne Worte.“

„Gestalten ist anschauliches Denken. Und auch, wenn der Designer / die Designerin (…) probeweise verschiedene Entwürfe erstellt, dann ist dies aus psychologischer Sicht ein Denken mit den Händen, mit dem Zeichenstift oder der Computermaus: 6.4. Die Gestalt-Gesetze

„Gestalten ist anschauliches Denken. Und auch, wenn der Designer / die Designerin (…) probeweise verschiedene Entwürfe erstellt, dann ist dies aus psychologischer Sicht ein Denken mit den Händen, mit dem Zeichenstift oder der Computermaus: Max Wertheimer (eben schonmal gehört) formulierte 1923 – yep, vor genau 100 Jahren – die sogenannten Gestaltgesetze. Diese beschreiben universelle Regeln, nach denen sich Einzelteile zu Gestalten gruppieren und dadurch ein wahrnehmbares Strukturgerüst bilden. Sie sind somit quasi der Algorithmus, nach dem menschliche Wahrnehmung funktioniert!

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen):

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Gesetz der Nähe

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Elemente mit geringen Abständen zueinander werden als zusammengehörig wahrgenommen.

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Gesetz der Ähnlichkeit

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Einander ähnliche Elemente werden eher als zusammengehörig erlebt als einander unähnliche.

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Gesetz der guten Gestalt (oder Einfachheit bzw. Prägnanz)

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Es werden bevorzugt Gestalten wahrgenommen, die in einer einprägsamen Prägnanztendenz und einfachen Struktur resultieren (= „Gute Gestalt“).

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Gesetz der guten Fortsetzung (oder der durchgehenden Linie)

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Linien werden immer so gesehen, als folgten sie dem einfachsten Weg. Kreuzen sich zwei Linien, so gehen wir nicht davon aus, dass der Verlauf der Linien an dieser Stelle einen Knick macht, sondern wir sehen zwei gerade durchgehende Linien.

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Gesetz der Geschlossenheit

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Es werden bevorzugt Strukturen wahrgenommen, die eher geschlossen als offen wirken.

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Gesetz des gemeinsamen Schicksals

Diese Gestaltgesetze heißen (ich zitiere hier den Wikipedia-Eintrag – suche unter „Gestaltpsychologie“, da sind die Gesetze auch mit visuellen Beispielen versehen): Zwei oder mehrere sich gleichzeitig in eine Richtung bewegende Elemente werden als eine Einheit oder Gestalt wahrgenommen.

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze:

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: Gesetz der gemeinsamen Region

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: Elemente in abgegrenzten Gebieten werden als zusammengehörig empfunden.

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: Gesetz der Gleichzeitigkeit

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: Elemente, die sich gleichzeitig verändern, werden als zusammengehörig empfunden.

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: Gesetz der verbundenen Elemente

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: Verbundene Elemente werden als ein Objekt empfunden.

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: Zuguterletzt hier noch ein paar Phänomene, wie unsere Wahrnehmung ganz leicht in die Irre geführt werden kann. Oben im gleichen Wikipedia-Eintrag findest du z.B. den „Neckarwürfel“, ein bekanntes Kippbild – schau nur lang genug drauf. Ein weiteres bekanntes Kipp-Bild ist „Vase oder zwei Gesichter“ – als Kind hab ich solche optischen Täuschungen immer geliebt. Google auch das „Phi-Phänomen“ – eine optische Bewegungsillusion. Oder, auch immer wieder verblüffend, die Müller-Lyer-Illusion.

Zusätzlich zu diesen von Wertheimer formulierten Gesetzen fand Stephen Palmer in den 1990er Jahren drei weitere Gestaltgesetze: *

Diese Folge war nun eine echte Innenschau. Ich hoffe, dass dir dabei klar geworden ist, wie spezifisch die menschliche Wahrnehmung ist. Welchen Gesetzen sie gehorcht. Wie leicht sie außer Kraft zu sehen ist. Und wie sehr sich jedoch auch die Gestalttheorie auf die rein visuelle Wahrnehmung beschränkt. Der Mensch ist zwar ein Augentier, jedoch hat’s ja schon Marshall McLuhan, unser Freund vom letzten Mal, in den 1960er Jahren gesagt: Wir sind seit der Erfindung des Buchdrucks und der Schriftkultur in unseren Medien vehement auf die visuelle Wahrnehmung fokussiert. Andere Wahrnehmungsarten, die ebenfalls in unserem Kopf ein Bild der Welt entstehen lassen, führen immer noch ein Schattendasein – zu Unrecht! Bestes Beispiel ist dieser Podcast: ein Audio-Format, das die Wahrnehmung in deinem Kopf hoffentlich befeuert und ebenso ein Bild vor deinem inneren Auge entstehen lässt. Und genau das probieren wir jetzt aus: bei der Rechercheaufgabe.

6.5. Recherche-Aufgabe: Erkenne die Gestalt-Gesetze in der Welt um dich herum – und in deinem Kopf

6.5. Recherche-Aufgabe: In der Rechercheaufgabe, das kennt Ihr ja mittlerweile, setzt Ihr Euch die neue Brille aus dem Optikerladen auf und versucht, das Gehörte anhand von eigenen Beispielen in der Welt – oder in Eurem Kopf – wiederzuerkennen. Wandert dazu durch die Stadt, durch die Hochschule, durch die Bibliothek, durch Geschäfte, usw. und versucht, Eure eigene Wahrnehmung bewusst wahrzunehmen – quasi Euch beim Denken zuzuschauen. Als zweiten Teil der Übung versucht Ihr, die Gestaltgesetze wiederzuerkennen und anhand von praktischen Beispielen zu illustrieren.

6.5. Recherche-Aufgabe: Ich bin schon sehr gespannt was Ihr herausfinden werdet und freu mich schon darauf, wenn Ihr zurückkommt.

6.5. Recherche-Aufgabe: Bis später!

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